Presseinformationen
07.08.2025
"Ich will zeigen, was ich wirklich draufhabe"
Im Interview: Linus Großhardt, Zimmerergeselle und Kandidat für die EuroSkills 2025 in Herning
Nachdem Linus Großhardt bei den WorldSkills 2024 in Lyon das Podest nur knapp verpasste, steht jetzt die nächste Herausforderung bevor: die EuroSkills im dänischen Herning vom 9. bis 13. September 2025. Beim Ausscheidungstraining der Zimmerer-Nationalmannschaft setzte sich der 21-Jährige durch und vertritt nun erneut Deutschland in einem Berufswettbewerb – dieses Mal bei den EuroSkills. Im Interview spricht er über seine Motivation, sich ein weiteres Mal einem Wettbewerb zu stellen. Zugleich macht er deutlich, wie wichtig ein gutes Zeitmanagement und präzises arbeiten ist, um eine Chance auf eine Medaille zu haben.
Linus, Du hast bei den WorldSkills im vergangenen Jahr haarscharf das Treppchen verpasst. Warum willst Du es jetzt bei den EuroSkills nochmal wissen?
Bei den WorldSkills war es dieser eine kleiner Fehler, der Nachschnitt, der mich zurückgeworfen hat. Deshalb habe ich den Ehrgeiz zu zeigen, was ich wirklich draufhabe. Ich will meine Chance noch einmal nutzen, um mit mehr Vorbereitung diesmal aufs Podest zu kommen.
Ja, das waren ja nur wenige Monate Vorbereitungszeit für Dich von Deinem Eintritt in die Zimmerer-Nationalmannschaft bis zu den WorldSkills vergangenes Jahr. Wie unterscheidet sich Deine Vorbereitung diesmal von damals?
Dieses Mal habe ich deutlich mehr Zeit für die Vorbereitung. Letztes Mal musste ich halt schauen, dass ich in kurzer Zeit so viel Input wie möglich in meinen Kopf rein bekomme. Zur Vorbereitung auf die WorldSkills habe ich ein Modell gezimmert und direkt danach das nächste Modell angefangen, ohne Pause. Irgendwann habe ich gemerkt, dass mir das nicht gut tut. Jetzt trainiere ich gezielter, konzentrierter und plane Pausen ein. Ich gehe auch mal auf ein Fest – und ich bin trotzdem voll im Fokus. Um Routinen und Abläufe zu optimieren, braucht es einfach Zeit.
Wie bekommst Du alles unter einen Hut – Job, Training, Freizeit?
Ich arbeite ja im elterlichen Betrieb und werde dort super unterstützt. Wenn ich ins Training fahre oder zuhause trainiere, dann bin ich freigestellt. Konkret sieht es so aus, dass ich donnerstags und freitags freigestellt bin, damit ich dann von donnerstag bis sonntags ein Modell bauen kann – was wesentlich effizienter ist, als abends nach 9 Stunden Arbeit müde und erschöpft noch bis um 11 Uhr nachts zu trainieren. Das hat dann meistens auch nicht mehr so viel Wert. Jetzt habe ich auch mehr Zeit für mich, denn Erholung und Freizeit sind genauso wichtig wie der Feinschliff am Modell.
Bei den Internationalen Berufswettbewerben – ob EuroSkills oder WorldSkills – trittst Du ja allein an. Fühlst Du Dich von Deinen Teammitgliedern der Zimmerer-Nationalmannschaft unterstützt?
Ja definitiv! Die Trainings mit meinen Teamkollegen bringen mich weiter. Wir pushen uns gegenseitig. Auch wenn man beim Wettbewerb allein antritt – ohne Teamgeist geht’s nicht, ganz gleich, ob das Team dich jetzt an der Bande beim Wettkampf oder beim Training unterstützt.
Wie gehst Du mit dem Druck um, für Deutschland anzutreten?
Ich sehe es nicht als Druck, sondern als Privileg. Außerdem macht es keinen Sinn, sich selber unter Druck zu setzen, dass alles hundertprozentig klappen muss. Das funktioniert eh nicht. Ich darf Deutschland vertreten – das ist für mich der Ansporn. Ich will mein Bestes geben und am Ende zählt, dass ich alles gegeben habe.
Fühlst Du dich durch Deine Erfahrungen bei den WorldSkills besser vorbereitet?
Ja, die Erfahrung hat mir gezeigt, wie wichtig Routine und Zeitmanagement sind. Ich weiß jetzt, worauf es ankommt – und dass auch kleine Fehler entscheidend sein können. Es hat mir auch gezeigt, dass immer ein bisschen Glück dazu gehört, um zu gewinnen. Bei den WorldSkills ist mir ein kleiner Fehler passiert und das hat halt schon gereicht, um nicht auf dem Treppchen zu landen, sondern Vierter zu werden.
Wie schätzt Du deine Konkurrenz bei den EuroSkills ein?
Auf europäischer Ebene zählen sicherlich Frankreich und die Schweiz traditionell zu den stärkeren Nationen. Erfreulich ist, dass Österreich wieder einmal nach längerer Pause dabei ist.
Was denkst Du ist für den Erfolg bei den EuroSkills entscheidend?
Es ist schwer zu sagen, wie viel Holz und welche Schwierigkeiten die Aufgabe dieses Mal haben wird. Es ist eben wichtig, das Modell fehlerfrei und rechtzeitig fertigzustellen – ohne Zeit zu verschenken, aber auch möglichst ohne Abstriche bei der Genauigkeit zu machen. Zeitmanagement ist mitunter das Wichtigste. Es nützt halt nichts, wenn Du das perfekte Modell hundertprozentig genau baust, aber nicht ansatzweise innerhalb der gegebenen Zeit damit fertig wirst. Aber auch wenn ich eine Stunde zu früh fertig bin und dann das Modell irgendwo wenige Millimeter Abweichung hat, ist ja auch blöd. Also man muss eigentlich den perfekten Mittelweg finden. Deswegen trainiere ich genau, schnell und fehlerfrei zu arbeiten, um Routine zubekommen.
Wie wichtig sind die Teamleitung und Trainer für die Vorbereitung?
Ich finde, das was unser Team so stark macht, ist der Rückhalt – ob von der Teamleitung, den Trainern oder vom ganzen Umfeld. Da sind Leute dabei, die selbst auf internationalen Wettbewerben dabei waren. Die wissen, wie das abläuft und geben ihr Wissen und ihre Erfahrung an uns weiter. Im Training hakt’s ja immer mal irgendwo – dann haben sie meistens Tipps parat oder sagen: „Mach’s mal so, dann geht es vielleicht besser“. Auch von Holzbau Deutschland, den Holzbau Deutschland Leistungspartner und dem Förderverein Zimmerer-Nationalmannschaft kommt viel Unterstützung – das ist echt Gold wert.
Wie fühlst Du Dich, wenn die Uhr läuft und Zuschauer Dir über die Schulter schauen?
Also, ehrlich gesagt, habe ich davon nicht viel mitbekommen. Denn ich bin dann im Tunnel. Ich blende alles aus. Bei den WorldSkills gab’s eine Szene, als ein paar Kinder an die Bande gehauen haben – das hat mich kurz rausgebracht. Aber sonst bin ich eigentlich auf meine Arbeit konzentriert.
War Zimmerer schon immer Dein Traumberuf?
Absolut. Mein Uropa war Zimmerer, mein Opa war Zimmerer, mein Vater ist Zimmerer – das steckt einfach in mir. Ich war schon als kleines Kind mit auf den Baustellen. Und mir war schon damals klar, dass ich auch mal Zimmer werden möchte. Witzig finde ich ja, wenn heute langjährige Kunden sagen „Ah, du bist der Junior! Dich kenn ich doch, du warst schon mal da, als du klein warst!“. Und es freut mich natürlich auch sehr, dass sie mich wiedererkennen.
Was ist Dein persönliches Ziel für diese EuroSkills?
Ganz klar: Ich möchte eine Medaille holen. Am liebsten Gold.